top of page

Resilienz versus Fragilität – Natur und Umwelt im Wandel der Zeit

Neulich besuchte ich mit einer guten Freundin eine Fotoausstellung in Krems. Der große Saal des Museums war minimalistisch gehalten – ein kühler Betonboden, weiße Wände, in zwei Reihen übereinander angeordnete ein Collage aus Schwarz-Weiß-Fotografien. Die Bilder zeigten einen zerstörten Wald: umgestürzte Baumstämme lagen übereinander, der Himmel darüber war von schweren, grauen Wolken verhangen. Eine Szenerie, die Vergänglichkeit atmete. Doch in meinem eigenen Foto, das ich in diesem Moment aufnahm, erschien ein winziges Detail, das die Wahrnehmung veränderte: der Rand der Haare meiner Freundin, brünett und warm, der einzige Farbpunkt in der sonst tristen Szenerie.


Natur als ständiger Wandel

Ich beschäftige mich oft mit der Frage, wie wir unsere Umgebung wahrnehmen. Was ist Natur? Was ist Umwelt? Und vor allem: Wie wirken Zeit und Veränderung auf diese beiden Begriffe?


In klassischer Differenzierung ist die Natur das, was von selbst existiert und sich aus sich selbst heraus entwickelt.


Sie lebt von Kreisläufen – vom Werden und Vergehen. In ihr liegt eine paradoxe Stabilität: Auch wenn ein Wald zerstört wird, kehrt nach einiger Zeit das Leben zurück. Moos wird wachsen, neue Bäume werden sich ihren Platz suchen, Tiere kehren zurück. Was wir als „Zerstörung“ wahrnehmen, ist in Wahrheit nur eine Phase der Transformation. In der Natur gibt es keinen Stillstand, aber auch keinen endgültigen Verlust.


Die Umwelt – Ein fragiles Konstrukt

Nach dem Museumsbesuch spazierten wir durch die Stadt und kamen an einem alten, Gebäude vorbei. Vor der bröckelnden Mauer stand ein verrosteter Eisensessel. Ein Sinnbild menschlicher Schöpfung – und ihrer Endlichkeit. Hier, im Gegensatz zur Natur, sieht Veränderung anders aus. Der Sessel wird nicht mehr gebraucht, er wird nicht verwittern und in einen neuen Zyklus übergehen, sondern einfach nur zerfallen, bis er verschwunden ist. Das Gebäude, einst errichtet, um Schutz zu bieten, wird eines Tages nur noch eine Ruine sein, und irgendwann wird es ganz aus dem Stadtbild verschwinden.

Die Umwelt, die der Mensch erschafft, ist nicht in sich regenerativ. Sie existiert nur so lange, wie wir sie pflegen, erhalten und immer wieder neu gestalten.


Umwelt ist, anders als die Natur, der Zeit ausgeliefert – nicht im Sinne eines zyklischen Werdens, sondern eines unumkehrbaren Verfalls.



Unsere Beziehung zur Welt

Das Bild im Museum, so trostlos es auf den ersten Blick wirkte, wird in wenigen Jahren nicht mehr dasselbe Motiv zeigen können – denn wo heute gefallene Bäume liegen, wird bald neues Leben sprießen. Ganz anders der verlassene Sessel vor dem Gebäude: Hier wird nichts mehr zurückkehren, es sei denn, der Mensch greift bewusst ein.

Und was ist mit uns? Sind wir Teil dieser Umwelt oder Teil der Natur? Sind wir Beobachter oder Gestalter? Mein Foto im Museum zeigt eine kleine Randnotiz: Die Haare meiner Freundin, fast zufällig am Bildrand. Schaut sie das Bild an – oder in die entgegengesetzte Richtung? Vielleicht ist es genau diese Unklarheit, die unser Verhältnis zur Welt so treffend beschreibt. Wir leben inmitten der Dinge, doch oft bleibt offen, ob wir ihnen zugewandt oder abgewandt sind.



Ein Gedanke zum Abschluss

Die Natur vergeht nicht, sie wandelt sich. Die Umwelt vergeht, wenn wir sie nicht erhalten. Während die Natur immer Wege findet, weiterzubestehen, sind unsere Bauwerke, unsere Objekte und unsere Zivilisationen fragil. Sie existieren nur durch unseren Willen, sie zu bewahren. Vielleicht sollten wir uns öfter fragen: In welcher Welt möchten wir leben – welche Rolle wollen wir in ihr spielen - welchen Beitrag leisten?


Wir sind gestallter unserer eigenen Umwelt, was wir denken ist in der Welt, was wir sagen ist im Raum aber allein was wir tun formt unsere Umwelt.

 
 
 

Commentaires


bottom of page